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Nwz-Analyse Zum Bundestag Direktmandate kippen!

Werner Kohlhoff

Berlin - Unter all den Edlen im Bundestag fühlen sich die direkt gewählten Abgeordneten als etwas ganz Besonderes. Nur sie haben über das in den Wahlkreisen geltende Mehrheitswahlrecht ihr Mandat errungen, also mit der Erststimme. Sie werten das als Ergebnis ihrer guten Basisarbeit. Oft ist es auch so, oft aber auch nur Folge des Zufalls, dass die Region die Hochburg einer bestimmten Partei ist. Ein Mandat aus dem Wahlkreis gilt als Garant für Bodenständigkeit und Bürgernähe in der abgehobenen Bundespolitik.

Doch diese Wahrnehmung haben, von kleinen Ausnahmen abgesehen, nur die alten Volksparteien. Sie gewinnen die meisten Direktmandate. Ganz besonders CSU und CDU. Aber auch die SPD. Selbst wenn sie weiter schrumpfen, wird es für die Groko-Parteien vielerorts noch lange reichen, vor den anderen Bewerbern zu liegen. Deshalb lehnen sie den Vorschlag der Opposition, die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 zu verringern, ab.

Demokratie bleibt unberührt

Es wären 50 ziemlich sichere Mandate weniger für sie. Die Groko nimmt damit in Kauf, dass eine Wahlrechtsreform scheitert und der Bundestag wegen der Überhang- und Ausgleichsmandate auf neue Rekordgrößen wächst. Was dem Ansehen des Parlaments insgesamt schadet.

Es ist jedoch ein Mythos, dass die Demokratie bei einer maßvollen Vergrößerung der Wahlkreise schlechter funktionieren würde. Für örtliche Probleme sind ohnehin die Kommunal- und Kreisparlamente zuständig, nicht der Bundestag.

<p>            Autor dieses Textes ist Werner Kohlhoff. Der Journalist berichtet seit vielen Jahren aus der deutschen Hauptstadt Berlin.   (Foto: Krohn)        </p>

Autor dieses Textes ist Werner Kohlhoff. Der Journalist berichtet seit vielen Jahren aus der deutschen Hauptstadt Berlin. (Foto: Krohn)

Allerdings wird über die Direktmandate oft versucht, ganz spezifische regionale Einzelinteressen in die Bundesgesetzgebung oder die Mittelvergabe des Bundes einzuspeisen. Hier ein Autobahnanschluss, dort eine Ausnahmeregelung. Direktmandate sind oft ein Einfallstor für regionalen Lobbyismus, der jedoch eher zurückgedrängt als gefördert gehört. Denn die Bundesebene soll dem Wohl des ganzen Landes dienen.

Argumentiert wird, über ihre Verankerung in den Wahlkreisen wüssten die Abgeordneten besser, wo die Menschen der Schuh drückt. Das aber können sie auch ohne Wahlkreis in ihren jeweiligen Herkunftsorten erleben, denn jeder wohnt ja irgendwo. Nicht zu reden von digitalen Kommunikationsmöglichkeiten.

Regionen bleiben vertreten

Die Parteien achten bei der Aufstellung ihrer Landeslisten sehr sorgsam darauf, dass jede Region vertreten ist. Schon bisher ist keine Gegend ohne Vertretung in Berlin. Auch jene Parteien, die kein Direktmandat in einem Gebiet errungen haben, sind mit ihren Listenabgeordneten an der Basis präsent. Auch sie betreiben Bürgerbüros, stehen an Infoständen, besuchen Vereine und gratulieren Jubilaren.

Am Ende geht es schlicht um die Frage: Soll der nächste Bundestag wieder 700 und mehr Abgeordnete haben? Oder maximal 600?

Bei einer Verkleinerung verteilt sich die Arbeit so oder so auf weniger Leute. Für jeden wird das jeweilige Einzugsgebiet größer, ob es sich nun Wahlkreis nennt oder nicht. Von 115 000 zu betreuenden Bürgern auf 136 000 bezogen auf alle Parlamentarier. Das ist Mathematik. Alles andere sind Pfründe.

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